Wie arbeitet eigentlich das Mercedes Classic-Center? Ein Beispiel.

NML? Ersetzt durch? Vergriffen aber ab KW XY wieder lieferbar? Wer kennt das nicht, als Alt-Mercedes Enthusiast ist man ein wahrer Kenner all dieser Abkürzungen die einem der freundliche Service- und Ersatzteilemensch beim Mercedes-Händler des geringsten Misstrauens um die Ohren wirft.

Wer richtig tief in der Materie drin ist, der bekommt bei der Abürzung „C01“ einen kalten Schauer der einem den Rücken runterläuft, das ist nämlich die daimlerinterne Abkürzung für NML! Ach, Ihr fragt euch jetzt wirklich was NML bedeutet? NML steht für „nicht mehr lieferbar“ und stellt oftmals den absoluten Supergau dar.

Doch wie kommt es denn eigentlich, dass vereinzelt jahrelang als C01 oder besser NML geführte Original-Ersatzteile plötzlich wieder gelistet sind und innerhalb von 24-48 Stunden geliefert werden können?

Wir sind dieser Frage einmal nachgegangen – denn nicht zuletzt das oben gezeigte Werbeplakat des Mercedes Classic-Centers versprach Vieles!

Seit ca. 11 Jahren ist das Original Hinweisschild mit der Teilenummer A123 584 93 21 nicht mehr lieferbar. Kein wirklicher Beinbruch, wurde es doch kurz darauf durch ein ca. 60% kleineres Schild mit einer 210er Teilenummer ersetzt. Das richtige Problem kam aber dann vor ca. 3 Jahren, als dieses „Ersetzt-durch-Schild“ plötzlich mit einer 204er Teilenummer gelistet wurde, das nur noch ca. 15% der Größe des Originalschildes und darüber hinaus Pictogramme statt Schrift aufweist. Untragbar, nicht nur für uns!

Ja und so gab es immer mal mehr oder weniger Begabte die dieses Schild (und nicht nur dieses) nachfertigten. Wohlgemerkt – so schön und freundlich so etwas auch sein mag – es ist eine Fälschung, ein Plagiat und dafür sind im Gesetz recht hohe Strafen verankert; ein Wunder, dass die Daimler AG hier so viel Ruhe bewahrt. Andere Hersteller (z.B. aus Wolfburg) mahnen regelmässig kleinere Teilehändler ab und löschen so mitunter eine ganze Szene aus…(siehe Bericht in AutoBild Klassik, August 2012) hier also auch ein Dank nach Stuttgart!

Aber die Frage stellt sich durchaus: warum ein nachgemachtes Teil verbauen oder besser verkleben, wenn man auch ein Originalteil bei jedem Mercedes-Händler erhalten kann!?

Das Classic-Center erkennt einen Bedarf an einem Ersatzteil durch vielerlei Dinge – zum einen melden die Mercedes-Händler automatisch durch Eingabe einer Ersatzteilnummer in den EPC (Elektronischer Ersatzteil Katalog) das man nach eben diesem Teil sucht, zum anderen gibt es Anfragen von Clubs oder Interessengemeinschaften und zu guter Letzt gibt es noch ein Classic Informations System (CIS) in dem Typenreferenten oder andere Menschen mit starken Mercedes-Background Zugang haben und so auf etwaige Missstände hinweisen können.

Anschliessend wird geschaut und geprüft ob man noch sämtliche Unterlagen auftreiben kann und bei ehemaligen Zulieferern angefragt (in der Hoffnung das diese noch existent sind) ob und wie man dieses Ersatzteil auflegen kann. Danach werden Produktmuster erstellt und eine vorläufige Kalkulation aufgestellt.

So war es auch im Falle des Hinweisschildes welches in sämtlichen W123, W126, W201, W124, teilweise im W116 und R/C107 und frühen R129 sowie W140 verbaut wurde. Zunächst kam man auf einen Preis von ca. 8 EURO je Exemplar, nachdem aber in der betriebseigenen Druckerei im Werk Sindelfingen nachgefragt wurde und man dort sehr erfreut war über diese Anfrage (wegen eben jenem Oldtimerteil) konnte man den Preis massiv drücken. Letztendlich ist das Hinweisschild ab sofort bei jedem Mercedes-Händler unter der oben aufgeführten Nummer für den Preis von sage und schreibe EINEM (1) EURO erhältlich.

Kleiner Wermutstropfen am Rande: die Aufmachung ist etwas moderner, da gedruckt auf modernen Maschinen. So ist der Aufkleber nun Seidenmatt und nicht mehr leicht glänzend wie im Original und die Teilenummer bekam ein heute übliches „A“ voran gestellt – anders ging es nicht, so versicherte uns das Classic Center.

Alles in allem aber besser als nichts, so denken wir – der Preis ist ohnehin unschlagbar und die Farben und Schriftarten entsprechen auch dem Original (was bei keinem der nachgemachten Aufkleber bisher der Fall gewesen ist).

Kleine Anmerkung vom Januar 2013: leider gab es in der ersten Charge einen Flüchtigkeitsfehler. Statt „high voltage“ stand auf den Aufklebern „hight voltage“. Dies ist aber Monatelang niemandem aufgefallen, da die erste Charge nunmehr ohnehin ausverkauft ist, kann man getrost zur zweiten Charge greifen die ab 6.KW 2013 verfügbar sein soll! Ärgerlich, aber bei dem geringen Preis verschmerzbar…

Wir haben auch bereits unsere Fühler für ein weiteres Bauteil ausgestreckt – lange Radbolzen für die Original Leichtmetallscheibenräder (auch als Gullideckel bekannt). Mit etwas Glück wird man hier auch bald in Fellbach weiterhelfen können.

Doch zunächst möchten wir Danke sagen, dass man dort den Spass mitgemacht hat und so etwas „Nebensächliches“ wie den korrekten Aufkleber wieder aufgelegt hat.

Ihr guter Stern auf allen Straßen!

Fotos: ©fuenfkommasechs.de & Daimler AG

Kommentare