Mit Startproblemen zum Totalschaden: unser hektischer Tag auf der heiligsten Messe des Jahres

Eine S-Klasse hat keine Panne, schon gar nicht öffentlich. An letzteres hatte sich der Blauwal seit 2007 gehalten, am ersteren arbeiten wir derzeit wieder fieberhaft.

Der 5,6 Hangar mit namensgebendem Inhalt

Beinahe wäre nämlich nichts daraus geworden aus unserer Tagesreise runter ins Ländle. Der nautikblaue 560 SEL hatte an diesem frühen Freitagmorgen einfach keine Lust, obwohl er mich in derselben Woche schon zweimal quickfidel zur Arbeit und anstandslos wieder zurück gebracht hatte. 40m²-Wohnung weiß in weiß, Starkstromanschluß, eigener Kühlschrank, Reifenschuhe, maßgeschneiderter Auto-Pyjama, Pin-Up-Poster, ein bildschöner R170 als Nachbarin und eine ultra-seltene goldene 500.000km-Plakette vor ihm an der Wand… all das zählt plötzlich nicht.

Zündung an, „klick klack“, Anlasser jault, Triebwerk verschluckt sich und stirbt ab. Nochmal versuchen. Und nochmal. Nichts! Der Tank ist fast voll, die Batterie frisch geladen, das Überspannungsschutz-Relais (ÜSR) so gut wie neu und die Sicherungen intakt, das Kraftstoffpumpenrelais (KPR) ist ebenfalls so gut wie neu – aber ist es auch intakt? Nach genauerem Hinhören wird klar: das sonst gut vernehmliche Benzinpumpen-Doppelpack hinter der weit entfernten Hinterachse des SEL bleibt stumm. „Aha!“, sagt Herr Dreikommanull, in dessen Beisein solcherlei Pannen gottseidank schnell ihren Schrecken verlieren, denn wenn einer Abhilfe weiß, dann er.

Immerhin spielt sich das Drama im Wohnzimmer des Blauwals ab. Dadurch sind wir in Griffweite meines eigenen kleinen MB-Gebrauchtteile-Centers, wo all die Teile lagern, die zwar schonmal getauscht wurden, aber eigentlich nicht defekt waren. So auch das alte Kraftstoffpumpenrelais, das nun nach 23 Dienstjahren aus seinem Ruhestand im Seniorenkarton zurückgeholt werden muß.

Bingo! Der Wagen springt sofort an. Was ist da los mit den neuen KPRs, die auch im Moment „NML“ (nicht mehr lieferbar) sind? Beim Kollegen Felix Kühn gab es vor knapp zwei Jahren eine ähnliche Havarie mit einem Neuteil.

Nun kann’s also losgehen. Das Wetter ist traumhaft an diesem 8. März 2013. Kaum zu glauben, daß nur 48 Stunden später der Winter mit aller Wucht über halb Europa zurückkehren würde. Auf Höhe des Hockenheimrings richtung Süden begegnen wir u.a. diesem rauchsilberfarbenen SEC aus den Niederlanden, offenkundig auf dem Weg in den Skiurlaub. Hätte er mal nur die 48h gewartet, er hätte sicher auch in Holland schöne Loipen gefunden.

Die Otto Fuchs Oberflächentechnik GmbH in Leonberg bei Stuttgart

Nach eineinhalb Stunden Fahrt ist unsere erste Station Leonberg, wo wir sperrige Fracht aus dem Kofferraum loswerden möchten: vier ge- und beinahe verbrauchte 15-Loch-Alufelgen sollen bei der Otto Fuchs Oberflächentechnik GmbH aufbereitet werden, damit der Blauwal nach jahrelanger Odyssee über R129-Gullideckel und leider schlecht pulverbeschichtete 15″-Felgen endlich vorzeigbares Schuhwerk erhält. Herr Dreikommanull hatte ja schon ausführlich über diesen einmaligen Service berichtet. Zum Preis von weniger als einer einzigen neuen Fuchs-Schmiedefelge erhält man vier quasi neuwertige Alu-Scheibenräder vom Hersteller selbst, in Leonberg in Handarbeit aufbereitet.

Freundlicherweise wird uns bei unserem Besuch noch eine kleine Werkstattführung ermöglicht, bei der wir einen kleinen Einblick in den Arbeitsablauf erhalten, und über die wir gesondert berichten werden.

Der Blauwal vor der Schatzkammer: im Hintergrund regaleweise neue „Füchse“

Mit dann leerem Kofferraum unseres potenziellen 279PS-Fluchtwagens sind wir bei unserer Abfahrt sehr in Versuchung, doch noch schnell ein paar nagelneue bzw. neu aufbereitete Füchse aus dem Lager mitgehen zu lassen. Vom klassischen Porsche-911er-Rad bis hin zur aktuellen Bentley oder mehrteiligen Rolls-Royce-21″-Felge gibt es bei Fuchsens im Regal wirklich alles. Sogar gefälschte Barockfelgen haben einige besonders „taktvolle“ Kunden dorthin zur Aufbereitung geschickt – bislang ist man ihnen sogar meist dabei gnädig. Zukünftig droht aber hierfür kurzer Prozess.

Am Ziel angekommen suchen wir uns einen angemessenen Stellplatznachbarn, was an diesem Tag nicht schwer fällt

Wenig später sind wir schon auf dem Stuttgarter Messegelände. Und wer hätte gedacht, daß dort bei reichlich zweistelligen Plusgraden noch einige Reste Schnee liegen würden? Für den rundum verwöhnten Blauwal dürfte die Berührung mit dem kristallinen Wasser so ziemlich das das erste Mal in 10 Jahren gewesen sein. Wir hoffen doch, daß er sich nichts davon geholt hat. Noch ein KPR habe ich im Moment jedenfalls nicht für ihn übrig…

Zumal er hier in feinster Gesellschaft ist und sich als vornehmster Repräsentant seiner Art eigentlich zusammenreissen sollte.

Die Kiemen eines SLR McLaren. Wann sieht man so etwas je in freier Wildbahn?

Allein der Parkplatz ist an diesem Tag eine kleine Traumwagenausstellung. Direkt neben uns steht ein manganbrauner W111, Luftlinie nur einige Meter entfernt später auch ein C199 SLR McLaren und noch ein paar Schritte weiter dieser Porsche GT3 RS.

Porsche 911 GT3 RS mit R230 Mopf II dahinter

Das bringt uns zum ersten Messe-Highlight. Wie sollen wir das jetzt umschreiben, ohne daß es mißverständlich rüberkommt? Also, der andere große Stuttgarter Autohersteller von Weltrang *zwinker* hat schon auch recht ordentliche Klassiker hervorgebracht, gar keine Frage. Und das P******-Museum gehört nach dem Mercedes-Benz-Museum zum Pflichtprogramm für Stuttgart-Touristen. Soweit kann jeder sicher zustimmen.

Porsche Typ 754 „17“ von 1959, den man auch als „Ur-911er“ bezeichnen kann

Aber insbesondere der Stand der Zuffenhausener auf der Retro Classics hatte dem Auftritt der Bad Cannstädter eine wesentliche Kleinigkeit voraus: die Fahrzeuge wurden jedem Interessierten bereitwillig geöffnet – und sie rochen wie frisch von einer längeren Ausfahrt zurückgekehrt.

Die Klassikabteilung der zwölften VW-Marke sieht sich selbst als rollendes Museum, das heißt die Autos werden oft und zweifellos gerne bewegt. Das bedeutet keineswegs, daß das beim Daimler anders wäre. Aber: bei der Ur-911 (in diesem Falle für uns eine „sie“) das Röckchen heben zu dürfen, den Benzinduft vom knackigen Hinterteil her zu schnuppern und vorne mal an die Klimatisierungs-Tasten fassen zu dürfen, das ist schon was ganz besonderes.


Gerade aber das Detail der Tasten ist exemplarisch für vieles, was dem Zuffenhausener Volkswagen im Vergleich zu einem echten Daimler abgeht. Stichwort: Konditionssicherheit oder einfacher ausgedrückt die Bedienfreundlichkeit. Werdet Ihr aus diesen Pictogrammen schlau? Andererseits: spielt das bei einer Sportwagenikone wirklich eine Rolle?

„911er“-Prototyp mit recht einladenden Rücksitzen. Später sollte der Platz hier sogar noch großzügiger bemessen sein, obwohl die Karosserie insgesamt verkürzt wurde

Ein charismatisches Stück Technik auf Basis eines 356 und in seiner Form doch schon stilverbindlich für die nächsten 50 Jahre. Wohlgemerkt: dieses Auto ist von 1959 – und besitzt sogar eine Heckscheibenheizung in Form eines seitlich aus der Heckablage herausragenden Luftrohrs. Alles Dinge, die ich ohne Audio-Guide Marc „Dreikommanull“ Christiansen übersehen hätte. Danke Marc, danke Porsche-Museum!

Wir hetzen weiter durch die Hallen, die freitags naturgemäß weitaus weniger überlaufen sind als am Wochenende. Das ist ungemein angenehm! Trotzdem sehen wir nur Bruchteile der Messe. Zum Beispiel diesen SEC-Rennboliden-Nachbau.

Unser wichtigstes Ziel: Halle 7 mit den Mercedes-Clubs und Daimler Classic. Immer wieder treffen wir auf bekannte Gesichter und freuen uns über einen kleinen Plausch. Dabei rennt leider auch die Zeit davon. Fazit schon jetzt: nächstes Jahr nur mit Übernachtung!

Zum Beispiel steht da plötzlich Dan von Appen, der vielen bekannt sein dürfte vom Daimler-Blog und jüngst als Moderator des hochinteressanten Videointerviews mit Chefdesigner Prof. Gorden Wagener und Chef-Aerodynamiker Dr. Teddy Woll auf dem Genfer Autosalon.

Dan von Appen und sein britischer Rallyewagen

Dan ist selbst großer Klassikliebhaber (derzeit dicht dran an (s)einem Erstserien-126er!) und zeigte auf der Retro einen ganz besoderen Exoten: seinen Triumph Dolomite Sprint, laut Autolexikon Marc so etwas wie der englische BMW 2002 oder eine britannische Alfa Giulia Super. Dennoch können wir nicht lange bleiben, denn wir müssen weiter…

So frühzeitig wie in diesem Jahr waren wir noch nie auf der Messe – und das könnte sich bezahlt machen. Fast immer gab es nämlich etwas besonderes abzustauben auf dem Stand des Mercedes-Benz Gebrauchtteile Centers – so lange eben der Vorrat reichte. Dem Ansturm nach sind wir nicht die einzigen, die so denken:

Das wahre Schnäppchen bleibt den allermeisten wieder einmal verborgen, selbst den geschulten Mitarbeitern des GTC, die fast durchweg jünger als die angebotenen Ersatzteile sind.

Was vor zwei Jahren nämlich noch mit 150 Euro als vielleicht nie wiederkehrende Gelegenheit erschien, ist mit nunmehr 80 Euro fast schon zur Wühltischware geworden, die aber derzeit bei Einbau durch eine MB-Niederlassung noch immer mit rund 750 Euro Materialkostem auf der Rechnung stehen würde. Die Rede ist vom Luftmengenmesser samt Stauscheibenpotentiometer, dessen Bestand aber trotzdem endlich ist.

Marc und ich schlagen zu und motivieren dadurch auch andere zu ihrem Glück, denen gar nicht bewußt war was da vor ihnen liegt. Die Herren GTC-Mitarbeiter mit eingeschlossen – wohlgemerkt! Mit voller, schwerer Einkaufstüte geht es erstmal wieder hinaus zum 505-Liter-Kofferraum und dann rasant weiter.

Ein wichtiger Tagesordnungspunkt war hiermit aber schonmal abgehakt.

Unser nächstes Pflichtziel und gleichsam eine sichere Bank in Sachen spektakulärer Messestand ist wie in jedem Jahr der Auftritt des vdh, dessen Mitglied wir auch aus diesem Grunde sehr gerne sind.

2013 sollte es eine Installation sein, die man auch als „Fluxus der Humidität“ auf der documenta hätte darbieten können. Denn plötzlich ist die Hallenluft sehr sehr trocken angesichts dieses Anblicks und dem davon ausgelösten krampfhaften, trockenen Schlucken. Hier bleibt einfach jedem die Spucke weg und manchen der Mund offen stehen.

Blick aus dem schmerzverzerrten Rachen des verunfallten W111 auf meistens sehr ergriffen dreinschauende Messebesucher. Uns ging es nicht anders.

Da ist dieser wunderschöne W111 in der Traumkombination weiß/tabak, mutmaßlich frisch restauriert, aber mit einem fahrerseitig komplett zusammengeschobenen Vorderwagen. „Autsch!“ dachte sich wohl auch die Clubbetreuung beim Daimler und war gar nicht begeistert von dieser Idee.

Warum es diese Widerstände gegeben haben soll, bleibt uns ein Rätsel, denn nichts zeigt so deutlich die wahre Qualität eines Mercedes wie dessen Zustand nach einem schweren Unfall. Und das hochemotional und für jedes Kind verständlich ohne eine einzige Zeile erklärendem Text. Wohlverdient und zum zigsten Male erhält der vdh dafür den Pokal für den besten Messeaufritt. Wir applaudieren, wenn auch mit trockener Kehle.

Hier wird greifbar, was Béla Barényi einst mit der Sicherheitsfahrgastzelle erdachte. Auch nach 50 Jahren rettet das Konzept der Knautschzonen in Kombination mit einem formstabilem Fahrgastraum Leben, und das nicht nur in der Theorie. Dieser W111 stammt nicht aus dem Unfallversuch der 60er Jahre, sondern ist vor kurzer Zeit erst bei einer Ausfahrt so schwer verunfallt – Insassen wohlauf.


Schwer verunfallt mit Insassen wohlauf war zuletzt auch der Messeauftritt des Mercedes-Benz S-Klasse-Club in Bremen, wo ein Verbrauchtwagen der Baureihe 126 prominentestes Ausstellungsstück war (wir berichteten). Auch auf der Retro Classics in Stuttgart war bisweilen mehr Aftermarket als S-Klasse zu sehen.

Hier und heute nun ein gänzlich anderes Bild! Dem Besucher bietet sich eine eindrucksvolle Ahnengalerie vom W116 bis zum W220 bestehend aus durchweg top-gepflegten Mitgliederfahrzeugen im Serienzustand.

W140 mit W116 im Hintergrund und W220 am linken Bildrand auf dem gelungenen Stand des Mercedes-Benz S-Klasse Club e.V.

Keine Tiefbettfelgen, kein AMG oder Brabus, kein China-Xenon und kein Gasumbau (alles schonmal dagewesen auf den Messen!), einfach nur die elegante „Mittelklasse der S-Klasse“ aus drei Dekaden. Der 126er mit seiner historisch längsten Bauzeit ist dabei sogar gleich zweimal vertreten, nämlich als Coupé und Limousine. Letztere als 500 SEL mit Coupé-Sitzanlage aber bloss dem serienmässigen Zebrano-Trim statt Wurzelholz. Klassischer und eleganter geht es kaum!

Zugegeben: das ist für den normalen Messebesucher eine recht subtile Sensation, genau wie die meisten wunderbaren Details der anderen Fahrzeuge. Es fehlt vielleicht dann doch am Eye-Catcher.

Wir erfahren, daß es kurz vor knapp beinahe noch einen Panzer mit Blaulicht hätte geben sollen, was dann aber nicht mehr geklappt hat. Ein wenig Abhilfe schafft dann schon, wenigstens die Haube des 126er-Coupés zu öffnen. So etwas lockt zuverlässig den gemeinen Haubentaucher an und schon ist etwas Leben auf dem Stand, wenn auch an diesem Freitag mit der insgesamt nur geringen Besucherzahl vergleichsweise wenig.

Wenn das aber alles für eines gut war, dann für DAS: von unserer Stelle großes Lob an den S-Klasse-Club. Chapeau nach Stuttgart, Altenburg und an alle Beteiligten! Wir freuen uns auf das nächste Jahr!

Die S-Klasse-Historie beginnt für Daimler Classic schon 1904. Auf dem großzügigen Stand gab es dazu auch ein sehr gelungenes Sonderposter mit der kompletten Ahnenreihe und einem mysteriösen Platzhalter für 2013 zu ergattern

Direkt angrenzend lädt der Hallenbereich der Daimler Classic zum Spazierengucken ein. Thema auch hier: die S-Klasse-Ahnenreihe, die ja schon am 15. Mai in Hamburg offiziell ihren jüngsten Sproß zur Welt bringen wird.

Die Auswahl der Vorfahren ist auf den ersten Blick ungewöhnlich, denn hier greift der Erfinder des Automobils deutlich weiter als andere in der Historie zurück. Was wie der Vorläufer eines Omnibusses erscheint, ist in gewisser Weise eben auch eine Sonderklasse. Wir lassen das auf uns wirken, sehen die Jahreszahl 1904 vor uns und versuchen uns vorzustellen, was damals sonst noch so auf den mit Pferdeäpfeln übersäten Straßen unterwegs gewesen sein mag. So gesehen ist das da oben im Bild eindeutig der 600er Pullmann der Nuller Jahre.

Beim „Großen Mercedes“ 770 aus den 1930ern fällt die optische wie historische Zuordnung dann schon wesentlich leichter, denn prunkvoller als dieser große Repräsentationswagen geht es wohl kaum (siehe Foto rechts)

Ein wenig im Schatten der Aufmerksamkeit, aber nicht minder spektakulär ist dann das „Filetstück“ des Standes, zumindest aus unserer Sicht.

Filetstück(e) deutscher Automobilbaukunst am Stand von Daimler Classic: die Seitenlinie einer 126er-Erstserie in handlichen Stücken

Die aus Neuteilen lose zusammengesetzte Seitenansicht eines Erststerien-126ers kommuniziert gleich zwei frohe Botschaften:

1.) der 126er ist auch weiterhin in Einzelteilen lieferbar

2.) fast alle neuen Ersatztüren (ob beim 126 oder beim R107, wie beim GTC kurz zuvor gesehen) enthalten ein Sicherheitsplus, nämlich eine Seitenaufprall-Verstrebung im Inneren, wie sie sonst nur bei US-Modellen üblich war. Auch dies ein Detail, das mir ohne dem mobilen Röntgenapparat Christiansen verborgen geblieben wäre.

Ralph Wagenknecht von Daimler Classic (li.), Dieter Glemser und Marc Christiansen (re.)

Kaum hat man sich darüber gefreut, wird das Grinsen noch breiter, denn wie plötzlich aus dem Teppichboden des Messestandes herausgewachsen steht Ton in Ton unser „Rennchauffeur“ vom letzten Jahr vor uns: Dieter Glemser, der „schnellste Rosenzüchter der Welt“, sagt nach seinem Besuch am Stand des SL-Clubs auch hier noch einmal kurz hallo. Er ist einer von gleich mehreren Mercedes-Rennfahrerveteranen wie Hans Herrmann oder Jochen Mass, die man mit etwas Glück auf der Retro Classics persönlich antreffen konnte.

W198 geht immer, auch als Roadster – und zur Not auch in klein

Dann ist auch schon wieder Eile geboten. Die Messehallen leeren sich zusehends und nun wäre die beste Gelegenheit, auch noch überall anders in aller Ruhe umherzuschlendern und ohne störende Menschenmassen zu fotografieren, aber uns erwartet etwas viel besseres, das keinen Aufschub duldet: Geröstete Maultäschle und ein frischgezapftes Schwabenbräu im Gasthof „Zur Sonne“ in Plieningen.

Längst ist es zur festen Tradition für uns geworden, alljährlich nach dem Besuch der Retro dort einzukehren und gutbürgerlich zu speisen. Reservierung dringend vorausgesetzt, denn das Lokal ist von den Einheimischen bestens besucht (das ist meist ein sehr gutes Zeichen). Lange halten wir uns trotzdem nicht auf.

Statt Nachtisch geht es dann wie jedes Jahr weiter nach Sindelfingen, direkt vor die Haustür des Daimler Research & Development, wo sich an diesem Märzabend die S-Klasse-Dauerläufer im Halbminutentakt am Pförtnerhäuschen begegnen.

Die Zukunft ganz in weiß: unsere Kamera dankt es in dieser Nacht sehr, denn die W222 Erlkönige sind schnell

Trotz leichten Regens und nasser Fahrbahn ist – wie auch im letzten Jahr – auffällig, wie gering die Motoren- und Abrollgeräusche der neuen S-Klasse erscheinen. Einbildung? Als gesichert gilt, daß die Geräuschkapselung für den Innenraum völlig neue Maßstäbe setzen wird (wir berichteten ebenfalls). Und wahrhaft majestätisch gleiten sie dahin, die nur noch leicht getarnten Vorboten des zukünftig (und wieder einmal) besten Autos der Welt. Wenige Minuten Aufenthalt genügen, um ein halbes Dutzend Begegnungen mit diesen Dauerläufern zu haben, die in aller erster Linie hunderttausende Kilometer schrubben, um dabei möglichst jeden noch so kleinen Fehler im Langzeitbetrieb ausfindig zu machen.

Imposante Erscheinung, die live vor Ort zu Gänsehaut geführt hat: ein weiterer Erlkönig der Baureihe 222 in schwarz und wohl mit langem Radstand (V222) gleitet nahezu lautlos am MTC vorbei

Hier geht es um nicht weniger als das wichtigste Produkt der Marke Daimler. Für uns hoch oben auf dem Parkhausdach ist es 1979 und da unten fährt das vorbei, was anschließend 12 Jahre lang die Automobilwelt technisch wie stilistisch dominieren sollte.

Der W222 hat weißgott auch das Zeug dazu, dessen sind wir uns sicher!

Die zukünftige C-Klasse W205 verrät aus dieser Perspektive schon viel von ihrer Form. Bislang ein sehr gefälliger Anblick, finden wir.

Ganz nebenbei gelingen uns auch noch recht gute Schnappschüsse von der „kleinen S-Klasse“, dem W205, der 2014 die aktuelle C-Klasse W204 ablösen wird. Uns gefällt durchaus was wir da sehen.

Nach diesem direkten Blick auf die Zukunft nehmen wir etwas durchnäßt wieder in der S-Klasse der Achtziger Jahre platz, genießen die sich augenblicklich einstellende Kaminzimmeratmosphäre und gleiten unter dem sanften Grollen des 5,6-Liter-V8 durch die regnerische nacht richtung Heimat. Von den Problemen des Morgens keine Spur mehr, also Schwamm drüber.

Hoch oben auf dem Parkdeck an seinem Geburtsort Sindelfingen

Wir kehren zurück, wenn der W126 vielleicht seinen Meister gefunden haben wird: im Jahr der S-Klasse 2014.

Was für ein phantastisches Auto, und was für ein phantastischer Tag! Bei der Ankunft im Hangar tief in der Nacht entsteht noch abschließend dieser Schnappschuß der einstmals strömungsgünstigen Serienlimousine der Welt, an der vielleicht auch Aerodynamiker Dr. Teddy Woll seine Freude haben würde:

Strömungsstudie nach 250 Kilometern Regenfahrt

Trotz alledem: wir haben so gut wie nichts gesehen von der Messe selbst, so schnell verging die Zeit. Und dennoch sind von dem wenigen einige Fotos übrig geblieben (auch von weiteren Erlkönigen), die ihr an gewohnter Stelle hier anschauen könnt: [KLICK]

Fotos: ©fuenfkommasechs.de

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