Die Rache der Diva: lange Standzeiten können teuer werden!

Im Augenblick scheint die Liste der Wehwehchen meiner Sindelfinger Diva nicht abreißen zu wollen: von Lappalien wie einer entladenen Batterie nach dem langen Winter, das sich ankündigende Lebensende des Lenkgetriebes nach der sommerlichen Standzeit bis hin zu einer akut undichten Wasserpumpe in den letzten Tagen. Reichlich fünfstellige Investitionen in die technische Fitness während der letzten vier Jahre hin oder her: ein Fahrzeug ist kein Stehzeug, und ein mit 243.000km gerade eingefahrener Langstreckenläufer wie der 560er nimmt längere Aufenthalte in der vermeintlich schonenden Garage persönlich. Mein Erlebnis vom Tag der Wiederinbetriebnahme des Sternenkreuzers spricht Bände.

Es ist Donnerstag, der 12. August. Ein trüber und verregneter Spätnachmittag, wie so viele in diesem sehr wechselhaften Sommer. Für den nächsten Tag ist ein dringend überfälliger Termin für HU/AU anberaumt. Mit dem Roten Baron fahre ich zur etwas entlegenen Mietgarage, in der der Nautikblaue seit seinem glorreichen Auftritt in Berlin wohl die Tage zählt, bis er endlich mal raus darf, um seinen mittlerweile einundzwanzigsten Sommer zu genießen. Eigentlich wollte ich ihn nur für einige Tage dort stehen lassen und ihn noch im Mai beim TÜV vorführen. Meine berufliche Situation macht mir dann aber bis Anfang August diesen Plan zunichte.

Ich öffne an jenem Donnerstag vor zwei Wochen also im Nieselregen das schon mehr als drei Monate verschlossene Garagentor und bin auf alles gefaßt – nur nicht darauf, daß mir selbiges Tor direkt wieder auf den Kopf fällt! Oha! Vollgesogen mit Regenwasser ließ es sich nur schwerlich in geöffneter Position arretieren. Mir tropft beim Versuch, es hochzuhalten, die Siffe literweise die Arme herunter, während sich nasse Spinnweben über mein Gesicht legen. Ja, die Botschaft ist angekommen: „Laß mir doch meine Ruhe! Bei dem Siffwetter brauchst Du mich nun auch nicht zu besuchen…“

Beim Einsteigen alarmiert mich ein metallisches Knirschen von irgendwoher unten. Ich kann mir aber keinen Reim darauf machen, außer endlich einmal abzunehmen. Die Feststellbremse kann es nicht sein, denn die benutzt der Automatikfahrer ohnehin so gut wie nie. Ich versuche, den Wagen anzulassen. Ungesundes Jodeln und Ruckeln – dann aus. Ich kriege das Zittern und murmele flehend etwas wie eine Entschuldigung vor mich hin. Beim zweiten Versuch startet er widerwillig. Ich lasse ihn einen Moment im Leerlauf stehen, dann lege ich die Fahrstufe ein und rolle hinaus in den Regen. Beim Lenkeinschlag knirscht es wieder metallisch. Ein Gefühl wie Zahnschmerzen!

Dann steht er da im Regen bei laufendem Motor, die Hydropneumatik hat ihre Arbeit verrichtet und das Fahrzeugniveau nach der langen Standzeit mühsam wieder hergestellt. Ich wechsele schnell die Jahrtausende und steige in den roten 211er, um den in der Garage abzustellen – das erste Mal seit Mai.

Dann geht die Reise in der schwer beleidigten 1989er-S-Klasse gen Tankstelle. In meiner Fahrlässigkeit hatte ich den Wagen auch noch fast ohne Sprit abgestellt! Mehr Schmähung geht nicht. Als sei Voodoo mit im Spiel kommt die nächste Rache prompt bei meiner Stamm-Tankstelle: Stationswart Sascha sieht mich, einen seiner besten Kunden, schon von weitem vorfahren und kommt mir mit abwinkender Hand entgegengeeilt: leider sind alle Kassensysteme ausgefallen und das Tanken derzeit nicht möglich! Nun muß ich mit brennender Reserveleuchte einmal um die Stadt herum zur nächsten Aral-Tankstelle.

Am Abend schließlich stelle ich den Wagen vorm Haus ab und schaue später nochmal von oben auf ihn herunter: eine in allen regenbogenfarben schillernde Ölfahne erstreckt sich malerisch von Motorraum bis zum nächsten Siel, schaurig-schön wie ein Satellitenfoto des Golfs von Mexiko. Mich wundert jetzt gar nichts mehr…

Am nächsten Morgen – es ist Freitag, der 13. – bringe ich die schwer beleidigte Diva schließlich zur Mercedes-Werkstatt nach Frankfurt. Einige Stunden später erreicht mich dann die eigentlich wenig überraschende Nachricht, daß die nautikblaue Dame zum ersten Mal die Hauptuntersuchung nicht bestanden hat. Allerdings – und das ist die letzte Überraschung in dieser Serie von Denkzetteln – nicht wegen besonderer technischer Mängel, sondern einzig wegen der neuen Reifen! Der Rest ist Euch bekannt und wurde hier ja auch jüngst berichtet.

Nun zeigt sich aber obendrein, daß auch die Wasserpumpe das Zeitliche segnen wird. Der Motoraum ist neuerdings übersät von grünlichen Sprenklern: akutes Kühlmittelleck und entsprechend deutlicher Füllmengenverlust im Ausgleichsbehälter. Die für Dienstag angesetzte Wiedervorführung beim TÜV-Prüfer in der MB-Werkstatt wird also ergänzt werden müssen um den Tausch der Pumpe. Das deutlich schwitzende Lenkgetriebe samt Lenkhilfpumpe werde ich indes mit diesem Mittel vorübergehend wieder zu kurieren versuchen.

Foto aus besseren Tagen (2008): trotz Saisonzulassung stand sich der Nautikblaue seinerzeit weniger häufig die Federbeine in den Bauch als heute mit Ganzjahreszulassung. Wenn schon, dann sollte man auch Gebrauch davon machen und den Wagen fahren!

Das alles soll mir und Euch eine Lehre sein: unsere Autos sind zum Fahren da. Vom Stehen gehen sie kaputt!

Fotos: ©fuenfkommasechs.de

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