Karosserie (Sicherheit & Aerodynamik)

 Die Baureihe 126 (Limousine mit kurzem, mit langem Radstand und das Coupé) verfügt über eine sehr moderne Karosseriestruktur. So ist sie um einiges leichter und dennoch deutlich stabiler als die ihres unmittelbaren Vorgängers der BR 116.

Daimler-Benz hat in den 1970er Jahren seine Hausaufgaben gemacht – geprägt durch die Erdölknappheit und im Blick das Jahr 2000 wurden die neuen Typen deutlich innovativer und nachhaltiger konstruiert. Als 1979 nach 6 Jahren Entwicklungsarbeit die „Neue S-Klasse“ präsentiert wurde, wogen die einzelnen Modelle zwischen 85 und 275 KG weniger als die Vorgängermodelle des W116.

Überhaupt wurde ein solches Foto aus dem Windkanal in Untertürkheim seinerzeit erstmals bei einem Daimler-Benz Serienwagen mit Einführung des W126 gezeigt.

Übrigens, ursprünglich waren zum Serienstart andere Radkappen angedacht gewesen – aus Sicht des Verfassers waren dies auch die schöneren Radzierblenden für die neue Baureihe. Siehe oben bei den Vorserien-Modellen im Windkanal, oder unten im Detail.


Diese Radkappen brauchten aber wohl – ebenso wie die bekannten Metallradkappen von W116, W123 und Co. – einen so genannten Turbolüfterring in den Stahlfelgen um für ausreichende Ventilation und niedrige Bremsscheibentemperaturen zu sorgen (in den zeitgenössischen Magazinen wird diese Theorie auch bestätigt, denn die Aerodynamik ist so ausgefeilt worden dass die vorderen Bremsscheiben unter extremen Bedingungen nicht mehr genug Kühlluft bekamen).
Immerhin haben sie es in die ersten Verkaufsprospekte und auf die Pressetestwagen geschafft – aber zum Start der Hauptserie im Frühjahr 1980 waren sie verschwunden – Schade!

Die Radkappen die letztendlich mit den Wagen ausgeliefert wurden ermöglichten immer noch den guten cw-Wert bei gleichzeitig deutlich gesteigertem Bremsenkühlluftdurchsatz.

Die Alufelgen die ab Werk für die 1.Serie geliefert wurden verschlechtern den cw-Wert wiederum um 0,9 Prozent (Quelle MOT 24/1979).

Die Limousine der S-Klasse kam mit einem damaligen Weltrekord Luftwiderstand (Cw-Wert) von 0,36 auf den Markt – dies entspricht einer Verbesserung von 14 Prozent (W116 hatte einen cw-Wert von 0,41) – seinerzeit konnte ihr kein anderes Oberklasse-Automobil der Welt das Wasser reichen. Das Märchen vom „Luftwiderstand eines Küchenschranks“ gehört ins Reich der Ammen.  Der 1981 vorgestellte SEC (Nachfolger der SLC-Baureihe) brachte es sogar auf den Bestwert von 0,34. (eine Verbesserung gegenüber den Vorgängermodellen von 15% und gegenüber der Limousinen der S-Klasse W126 von 7%)

Diese Werte beziehen sich freilich auf die Modelle der so genannten ersten Serie, die von 1979 bzw. 1981 bis Ende 1985 produziert wurden. Für die Fahrzeuge der zweiten Serie (von Ende 1985 bis 1991 produziert, der SEC bis Ende 1991) gelten noch etwas niedrigere cw-Werte. Durch aerodynamische Feinarbeit im Detail konnte trotz deutlich gesteigerter Durchströmung des Motorraums (Stichwort Kühlung der Aggregate – insbesondere wegen des großvolumigen 5,6-Liter-Motors nötig geworden) und eines um 30% verbesserten Auftriebs an der Vorderachse in Verbindung mit der neuen Reifendimension 205/65 der Luftwiderstand sogar noch um 3% im Vergleich zum Vorgänger (erste Serie) gesenkt werden. Die neuen Heckschürzen sind ebenfalls wie die vorderen weiter heruntergezogen, verbessern so weiter die Fahrzeugabströmung und tragen auch zur Verbesserung bei.

Die Aerodynamische Form hat aber auch weitere Vorteile – zum einen bleiben die Aussenspiegelgläser auch bei einer Schlechtwetterfahrt von Hamburg nach Stuttgart frei von starker Verschmutzung. Viel wichtiger aber ist – denn sonst bringt auch dieser Feinschliff nichts – dass die Seitenfenster frei von Regen- und Schmutzwasser bleiben ohne dabei so extrem hervorstehende Windleitbleche verwenden zu müssen wie bei der BR 116.

Was erstmals im Vorgänger BR 116 präsentiert wurde, erlebte in der BR 126 seine aerodynamisch-unbedenkliche Kür. Man sollte glauben so eine einfach zu kopierende Einrichtung sei heute Standard bei jedem Automobil – doch auch über 20 Jahre nach Produktionsende dieser Baureihe ist es keine Selbstverständlichkeit das die Seitenscheiben bei einer Schlechtwetterfahrt sauber bleiben. Und wenn doch, dann sind meist die Aussenspiegelgläser nach wenigen Kilometern mit Schmutzwasser eingenebelt und nutzlos.

Genauso ist es um die Rückleuchten bestellt – diese sind seit Einführung der SL-Baureihe R/C107 und der Vorgänger S-Klasse W116 in einem speziellen Rippendesign gehalten. Was wie ein stilistisches Merkmal anmutet hat aber einen ganz pragmatischen Grund – bei längeren Schlechtwetterfahrten verschmutzt das Fahrzeugheck durch die aerodynamische Strömung besonders – was nach rund 100 Km schon zu einer kompletten Verdunklung der wichtigen Bremslichter führen kann – nicht so bei Daimler-Benz (oben am Beispiel der mittleren Baureihe W123). Ausserdem verfügen die Rückleuchten über eine eigene „Regenrinne“ die Schmutzwasser um die Leuchtengläser herum abführt.

Da der W116 schon als recht perfektes Auto, gar als „bestes Automobil der Welt“ bezeichnet wurde, sowohl von der Fachpresse als auch seinen Käufern – galt es theoretisch beim W126 nur „Leiden auf hohem Niveau“ auszumerzen.

Ein solcher Punkt ist mit Sicherheit die Geräuschdämmung des Fahrgastinnenraumes – trotz hoher Gewichtseinsparungen wurde deutlich mehr Dämmmaterial verbaut als beim Vorgänger. Ein ruhiger Fahrgastraum zählt auch zur Konditionssicherheit!

Die ohnehin schon mit Recht als „Tresor“ bezeichnete Vorgänger-S-Klasse W116 sollte mit dem W126 – allem Leichtbau zum Trotz – in der passiven Sicherheit weiter überboten werden.

Wie auch bereits beim Vorgänger so wurde beim W126 auf die Hilfe des Computers bei der Konstruktion zurückgegriffen. War es beim W116 noch das von IBM und Daimler-Benz entwickelte ESEM-Verfahren (Elasto-Statik-Elemente-Methode) – die übrigens erstmals beim rollenden Labor, dem C111-I angewendet wurde – so war es beim W126 schon die erste Ausführung des neuen CAD-System (computer aided design). Aus heutiger Sicht erscheinen die Modelle von damals ohne Zweifel recht ungenau, aber sie waren den Konstrukteuren bei Festigkeitsberechnungen und aerodynamischem Feinschliff eine große Hilfe!

Beim Coupé kommt hier erschwerend hinzu, dass die wichtige B-Säule nicht bis in die Dachstruktur reicht. Aber auch hier hat Daimler-Benz sich weiterhelfen können und eine sehr steife Karosserie entwickelt.

Da es für die Festigkeit der Fahrgastzelle äusserst wichtig ist dass die Säulen rundum hochbelastbar sind und stärksten Belastungen standhalten, hat man die schon sehr gute Struktur des Vorgängers hier weiter verfeinert. Auf dem folgenden Photo erkennt man sehr gut die „Säulenwurzel“ die zur Erzielung einer verbesserten Biegefestigkeit mit einem hochfesten Rohr verstärkt wurde.

Auch die Motorhaube wurde in ihrem Knautsch- und Festigkeitsverhalten optimiert um bei Frontalkollisionen „Platz“ zu schaffen und nicht durch die Windschutzscheibe zu stossen wo die Insassen gefährdet werden könnten.

Der W126 galt lange Zeit als das sicherste Automobil, das man erwerben konnte – wir sprechen an dieser Stelle lediglich von der passiven Sicherheit, würde man noch all die elektronischen Helfer und Lebensretter an Bord des W126 erwähnen ,so käme man schnell zu dem Entschluss, dass es kein sicheres Auto geben kann (wohlgemerkt gilt dies hauptsächlich für den Zeitraum von 1980-1992).

Und man kann dies auch noch mit Fakten untermauern: das U.S. Highway Loss Data Institute hat den W126 in den Jahren 1988 und 1989 als sichersten Personenwagen des Jahres bezeichnet – was für eine Auszeichnung und das zweimal in Folge. (hierbei wird die Verletzungshäufigkeit der Insassen mit der Zahl der Unfälle verglichen)

Erstmals wurde auch an die unterschiedliche Gestalt der Fahrer (und Mitfahrer) gedacht – man kann den oberen Gurtumlenkpunkt der vorderen Gurte in 3-Stufen in seiner Höhe variieren und so an unterschiedlich groß gewachsene Fahrer anpassen. Dies ist äusserst wichtig für einen perfekten Gurtverlauf im Falle einer Frontalkollision und war bis in die 1990er Jahre noch lange kein Standard.

Ein weiteres Sicherheitsmerkmal – aber schon 1976 erstmals bei der mittleren Baureihe W123 eingeführt – die Befestigung des Gurtschlosses direkt am Sitz. Nur so ist die Möglichkeit gegeben dass der Gurt immer perfekt am Körper anliegt – zu der Zeit waren eigentlich noch die so genannten Gurtpeitschen Gang und Gäbe.

Oben ein SEL-Modell im Frontalcrash mit 100% Überdeckung (es handelte sich hierbei um einen Prototypen der neuen S-Klasse). Unten eine weitere Aufnahme eines im Offsetcrash getesteten Limousine – anders als heute üblich (64 Km/h) wurden seinerzeit diese Versuche mit lediglich 55 Km/h gefahren und anstatt der Aluminiumwabenbarriere wurde gegen einen Stahlblock getestet. Siehe hierzu auch den Punkt „Versetzter Frontalaufprall (Offsetcrash)„.

Aber auch der Frontalaufprall gegen die schräge Wand und der frontale Mastaufprall wurden neben weiteren Aufprallarten simuliert.

Der Kraftstofftank befindet sich beim W126 über der Hinterachse im geschütztesten Raum der Karosserie. Die Hinterachse schützt den Tank bei Heckkollisionen und bei Seitenkollisionen. Diese Anordnung wurde erstmals beim SL R107 so gewählt und wurde bis vor kurzem bei Mercedes-Benz PKWs beibehalten.

Nicht nur der Heckaufprallversuch mit 100% Überdeckung wurde getestet, nein auch zu Zeiten des W126 war Daimler-Benz (durch seinen Ruf verpflichtet) schon so weit und hat auch von hinten versetzte Kollisionen getestet. Der W126 schnitt hierbei schon recht gut ab – in einer Zeit als diese Testkonstellationen bei den Mitbewerbern noch gar nicht auf dem Entwicklungsfokus gelegen hat!

Aber auch an die Gefahren bei Seitenaufprallkollisionen wurde gedacht. Unten sieht man einen Filmausschnitt bei dem im Jahre 1980 ein 380SEL mit 50 Km/h in die Seite gerammt wird. Im Vergleich zu heutigen Fahrzeuge ist der Seitenverbund der Karosserie des W126 wirklich seine Achillesferse – er ist deutlich weicher als heutige Fahrzeuge und verfügt über keinerlei Airbags die diese Kollision für die Insassen abmildern könnten.

Man sieht beim SEL auch wie die Einscheibensicherheitsglas Heckscheibe durch die starke Durchbiegung des Fahrzeugs zerplatzt. Dennoch erfüllt der W126 auch hier höchste Ansprüche an die passive Sicherheit und war vielen Fahrzeugen voraus.

Es wurden aber natürlich auch alle anderen gesetzlich vorgeschriebenen Tests durchgeführt. Wie z.B. Türeindrückversuche die auf einem statischen Prüfstand durchgeführt werden.

Daimler-Benz hat seinerzeit immer schon gerne mit der enormen Belastbarkeit ihrer Türschlösser geworben – der W126 verfügt ja auch über das Zapfenschloss.

Hier im Foto ein W124 der an nur einem Türschloss aufgehangen wurde – man sieht wie die B-Säule sich nach aussen gebogen hat, aber es hält alles!

Die seitliche Rolle war für den W126 natürlich kein großes Problem. Die Steifheit des Dachverbundes wurde im Vergleich zum Vorgänger sogar nochmals erhöht. Siehe hierzu auch den Punkt „Rundumsicht“ mit einer Darstellung der Dachsäulenquerschnitte und einem Foto eines Falltest-Versuchs.

Fotos: ©fuenfkommasechs.de & Daimler AG

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